25.4.22 – Presse Meldung: NEUER HONORARKONSUL VON BHUTAN
Das Bruttosozialglück kommt nach Essen
Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen freut sich über ein weiteres Honorarkonsulat in Essen und empfing Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow, den neuen Honorarkonsul des Königreichs Bhutan. Er ist für die Bundesländer Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zuständig und hat sein Büro im ChorForum.
Am 25. November 2020 nahmen das Königreich Bhutan und Deutschland diplomatische Beziehungen miteinander auf. Dies ist ein seltenes Ereignis: Das Königreich Bhutan unterhielt bisher nur zu 52 Staaten und internationalen Organisationen Beziehungen.
Zwischen dem Königreich Bhutan und Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren die freundschaftlichen Beziehungen weiter vertieft. Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen soll die Zusammenarbeit noch intensiviert werden. Deshalb wurde nun ein weiteres Honorarkonsulat eröffnet.
Meyer-Galow leistet seit 25 Jahren aktive Entwicklungshilfe für Bhutan, das immer noch eines der ärmsten Länder der Welt ist. Mit Pro Bhutan e.V. fördert er humanitäre Projekte wie beispielsweise den Bau des Krankenhauses in Punakha, die Blindenschule in Khaling und die Schule für hörgeschädigte Kinder in Drukgyel.
Bhutan hat 770 000 Einwohner und ist so groß wie die Schweiz.
Nun, was können wir von Bhutan lernen und wie ist das Konzept des „Bruttosozialglücks“, das seit 1979 auf der Welt in aller Munde ist, zu verstehen.
Auf die Frage eines Journalisten nach dem Bruttosozialprodukt Bhutans antwortete der damalige König S.M. Jigme Singye Wangchuck, dass das Bruttosozialglück wichtiger sei als das Bruttosozialprodukt.
Der Gedanke ist nicht neu. Bereits im 17. Jahrhundert wurde das Glück der Bevölkerung als Ziel von Entwicklung und Politik in Bhutan definiert. Aus dem Rechtskodex des Landes von 1629 stammt das Zitat: „Wenn die Regierung kein Glück für ihr Volk schaffen kann, dann gibt es keinen Grund für die Existenz der Regierung.“Als 2008 die konstitutionelle Monarchie gegründet wurde, ist das das Glück als Regierungsauftrag in der Verfassung verankert worden: „Der Staat soll sich bemühen, die Bedingungen zu schaffen, dass sich das Bruttosozialglück entwickeln kann.“ Und das ist weltweit neu.
Die „Gross National Happininess Commission” achtet darauf, das mit allen Entscheidungen dieser Staatsauftrag auch eingehalten wird.
Über Glück wird viel geredet und geschrieben. Erst kürzlich wurde wieder Finnland zum glücklichsten Land der Welt ernannt. Bhutan hat nicht behauptet, dass dort die glücklichsten Menschen der Welt leben. 2010 waren 41% glücklich. 2015 waren es 43,4%. Aber das Glück ist Regierungsauftrag. Nun, was ist eigentlich das Besondere am Glück in Bhutan?
Meyer-Galow:“Es ist holistisch und multidimensional, nicht nur subjektives Wohlbefinden und Glück des Individuums, das sich nur für und mit sich selbst beschäftigt. Der „Pursuit of Happiness“ ist kollektiv. In Bhutan ist man fest davon überzeugt, dass eine erfolgreiche Entwicklung der Gesellschaft nur dann möglich ist, wenn materielle und spirituelle Inhalte sich gleichwertig Seite an Seite entwickeln können, sich gegenseitig ergänzen und verstärken.“
Meyer-Galow weiter: „Für den Westen ist diese Definition eigentlich nicht neu. Wir haben sie nur vergessen. Bhutan erinnert uns nun. In der griechischen Antike hatte das Glück zweierlei Bedeutung: Einerseits das hedonistische Glück, also das private Glück in der dauerhaften Erfüllung physischer und psychischer Lust zu sehen und andererseits das eudaimonistische Glück, also das innere Glück, das aus dem Suchen und Streben nach dem objektiv Guten, Richtigen und Sinnvollen resultiert und sich als Weisheit und Mitgefühl zeigt. Wir sind in der Epoche der Moderne in dem Hedonismus gelandet und erkennen nicht, dass all unser Leiden die Ursache in dieser Einseitigkeit hat.“
Das „Gross National Happininess Center” achtet darauf, das mit allen Entscheidungen dieser Staatsauftrag auch eingehalten wird. Der jetzige Premierminister Lotay Tshering bringt es auf den Punkt: „Wenn eine Regierungspolitik nicht dem Nationalen Glück dient, wird sie einfach nicht genehmigt.“
Für den jetzigen König, S.M Jigme Khesar Namgyel Wangchuck, ist das ganzheitliche Verständnis von Glück eine Voraussetzung für Frieden im Leben des Einzelnen und für Frieden auf der Welt: „Es kann keinen dauerhaften Frieden, Wohlstand, Gleichheit und Brüderlichkeit in dieser Welt geben, wenn unsere Ziele so getrennt und unterschiedlich sind, wenn wir nicht akzeptieren, dass wir letztendlich Menschen sind, alle gleich, die sich die Erde untereinander und auch mit anderen empfindungsfähigen Wesen teilen, die alle eine gleiche Rolle und einen gleichen Anteil am Zustand dieses Planeten und seiner Akteure haben.“
In Zeiten des Ukraine Krieges ist diese Erkenntnis besonders aktuell. Deshalb können wir alle von Bhutan lernen.